Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 11.07.2024 – VII ZR 127/23) hat sich mit der Frage der Überzahlung auseinandergesetzt und entschieden:
Der Auftraggeber / Bauherr kann vom Auftragnehmer und vom Bürgen die Rückzahlung der Überzahlung verlangen. Dafür muss er – soweit für ihn zumutbar – darlegen, welche Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen er geleistet hat, und weshalb er der Ansicht ist, dass diesen Zahlungen kein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Auftragnehmers gegenübersteht. Der Auftragnehmer muss sodann darlegen und beweisen, dass er die erhaltenen Zahlungen behalten darf. Wenn dem Auftraggeber die Kalkulation des Auftragnehmers nicht bekannt ist, trägt der Auftragnehmer die Beweislast. Diese Darlegungs- und Beweislastverteilung gilt auch im Verhältnis zum Bürgen des Auftragnehmers.
1. Sachverhalt
Die Bürgin hat für einen Generalunternehmer eine Vorauszahlungsbürgschaft übernommen. Diese gesicherte Vorauszahlung wurden vom Auftraggeber an den Generalunternehmer / Auftragnehmer Zahlungen geleistet. Die Bürgin und die Auftraggeberin streiten darüber, ob aus der Bürgschaft eine Zahlung der Bürgin an die Auftraggeberin geschuldet ist.
In den ersten beiden Instanzen hat die Auftraggeberin verloren, ihre Berufung wurde als offensichtlich aussichtslos zurückgewiesen (§ 522 II ZPO), sie verfolgte die Sache aber erfolgreich vor dem Bundesgerichtshof weiter.
2. Entscheidung
Zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger gelte dieselbe Darlegungs- und Beweislastverteilung wie zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner. Das bedeute, dass die Auftraggeberin im Verhältnis zur Bürgin nicht mehr und nicht weniger beweisen müsse als im Verhältnis zum Generalunternehmer. Ausreichend sei eine Abrechnung, aus der sich ergebe, in welcher Höhe der Besteller Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet habe und dass diesen Zahlungen ein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenüberstehe. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft der Auftraggeberin die Darlegungslast für Umstände auferlegt, zu der sie nach Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Quellen und damit ihrem Kenntnisstand keine Angaben machen könne.
Durch Vorlage des Gutachtens ihres Sachverständigen habe die Auftraggeberin die erbrachten Leistungen von den nicht erbrachten Leistungen abgegrenzt. Da im (gekündigten) Vertrag mit dem Generalunternehmer Pauschalvergütungsvereinbarung ohne Detailpreisverzeichnis vorgesehen ist und die Kalkulationen des Generalunternehmers der Auftraggeberin nicht bekannt sind, kann von der Auftraggeberin kein weitergehender Vortrag verlangt werden.
3. Rechtliche Bewertung
Der BGH setzt mit dieser Entscheidung seine ständige Rechtsprechung fort, wonach zwar zunächst der Auftraggeber im Rahmen des ihm Zumutbaren vortragen muss, weshalb er die Rückzahlung der Überzahlung in der von ihm genannten Höhe verlangt. Die Darlegungsmöglichkeiten des Auftraggebers sind vor allem bei Pauschalpreisverträgen ohne Detailpreisverzeichnis eingeschränkt, weshalb im zweiten Schritt der Auftragnehmer darlegen und beweisen muss, weshalb er die geleistete Vergütung behalten darf. Er wird in der Regel eine schlüssige Rechnung vorlegen müssen. Im Fall einer Kündigung eines Pauschalvertrags muss er bei der Erstellung dieser Rechnung die Anforderungen des BGH an die Abrechnung gekündigter Pauschalverträge beachten.