Schwarzbau

Schwarzbau trotz Baugenehmigung?

Schwarzbau

Weicht der Bauherr bei der Ausführung hinsichtlich der Identität des Bauvorhabens und seiner Wesensmerkmale so wesentlich von der Baugenehmigung ab, dass er nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben, erstellt, erlischt die Baugenehmigung, ohne dass von ihr im Rechtssinn Gebrauch gemacht worden wäre (VGH München, Beschluss vom 13.05.2022 – 1 ZB 21.2603). 

1. Einleitung

Bei der Verwirklichung der Bauvorhaben kommen immer wieder kleinere und größere Abweichungen der baulichen Maßnahmen von der erteilten Baugenehmigung vor. Vor allem größere Abweichungen bergen erhebliche Risiken.

2. Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall wichen die Kläger bei der tatsächlichen Bauausführung der Wohnbauvorhaben deutlich von der genehmigten Planung ab. Dies wurde nachträglich im Rahmen einer Baukontrolle des Landratsamts festgestellt. So wurde bspw. statt einem Carport, eine Doppelgarage errichtet, das Gelände aufgeschüttet und die Wandhöhe knapp 70 cm zu hoch erstellt. Daraufhin beantragte der Kläger eine ergänzende Tekturgenehmigung, um den Zustand zu legalisieren. Eine solche Genehmigung wurde vom Landratsamt verweigert. Hiergegen hat der Bauherr geklagt.

3. Gerichtsentscheidung

Im zitierten Urteil hat das Gericht ausgeführt, dass der Bauherr aufgrund erheblicher Abweichungen so zu behandeln sei, als hätte er gar keine Baugenehmigung erhalten, weil er etwas völlig anderes gebaut hat, ein aliud. Selbstverständlich stellt nicht jede Abweichung von der genehmigten Bauausführung gleich rechtlich ein aliud dar. Ein aliud ist anzunehmen, wenn durch die Abweichung Belange, die bei der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren, so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage des Bauvorhabens neu stellt (vgl. BayVGH, Urt. v. 26.10.2021- 15 B 19.2130). Die für die Identität des Bauvorhabens wesentlichen Merkmale seien Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform und Erscheinungsbild. Vor allem wenn ein Bauvorhaben ohne Zerstörung seiner Substanz oder wesentlicher Teile mit der Baugenehmigung nicht in Übereinstimmung gebracht werden könne, sei es mit dem genehmigten Vorhaben nicht identisch. Die erteilte Baugenehmigung erlösche in diesem Fall. Dementsprechend könne keine Änderungsgenehmigung erteilt werden, da es an einer Genehmigung für dieses Vorhaben fehle. Eine neue Baugenehmigung sei nicht zu erteilen, da die hergestellten baulichen Anlagen nicht genehmigungsfähig seien.

4. Fazit

Die Rechtsfolgen einer Abweichung von der Baugenehmigung können gravierend sein. Die Bauaufsichtsbehörde kann im Anschluss an derartige Feststellungen, eine Baueinstellung bis hin zur einer Beseitigungsanordnung unter gleichzeitiger Androhung eines Zwangsgelds oder einer Ersatzvornahme aussprechen. Im geschilderten Fall hat der Bauherr die Baueinstellung ignoriert. Nun droht ihm voraussichtlich die Beseitigungsanordnung.

Dr. Alexander Seidenberg, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht