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Grundsatzentscheidung des BGH zu Mischkalkulationen noch aktuell?

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2004 ausgeführt, dass bei einer öffentlichen Ausschreibung ein Angebot, welches Mischkalkulationen enthalte, zwingend ausgeschlossen werden müsse. Gilt das auch heute noch uneingeschränkt?

Mischkalkulationen sind eine in allen Wirtschaftszweigen übliche Technik, die geringe Gewinnspanne bei einem Teil der Leistungen durch höhere Gewinnspannen bei einem anderen Teil der Leistungen auszugleichen (Seidenberg,  Mischkalkulationen im Bauvergaberecht, Hamburg 2011, S. 14). Dementsprechend kamen auch in Angeboten im Rahmen der Vergabeverfahren Mischkalkulationen vor. Insbesondere haben die Bieter für diejenigen Leistungen, die am Anfang zu vergüten waren, höhere Einheitspreise angegeben, bei später zu vergütenden Positionen zum Ausgleich sehr niedrige Preise angegeben, um auf diese Weise einen konkurrenzfähigen Gesamtpreis zu erhalten.

Voraussetzung für eine Berücksichtigung eines Angebots ist laut der oben genannten BGH-Entscheidung u.a., dass das Angebot vollständig abgegeben wird, d.h. dass alle geforderten Erklärungen enthalten sind. Dazu gehören auch die in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preise; sie müssen wie gefordert vollständig mit dem Betrag angegeben werden, der für die betreffende Leistung beansprucht wird. Bei einer Mischkalkulation werden die Preise für die einzelnen Leistungspositionen nicht vollständig und zutreffend angegeben. Ein Angebot, welches Mischkalkulationen enthält, ist daher nach dieser Rechtsprechung von der Wertung auszuschließen.

Das gilt allerdings nicht uneingeschränkt. So genügt ein Verdacht nicht aus, die Mischkalkulation muss feststehen, wenn das Angebot ausgeschlossen werden soll (Eschenbruch / Opitz / Röwekamp SektVO, München 2012, §26 Rn. 37). Selbst außergewöhnlich hohe oder niedrige Einheitspreise reichen für einen Angebotsausschluss nicht aus (Dieckmann / Scharf / Wagner-Cardenal, VOL/A, München 2013, §16, Rn. 37). Auch sind Mischkalkulationen zulässig, wenn sie z.B. aus technischen Gründen erfolgen müssen oder in den Vergabeunterlagen verlangt werden (Althaus / Heindl / Stolz / Heindl, Der öffentliche Bauauftrag, München 2011, Rn. 173.). Eine weitere Ausnahme stellt § 31 Abs. 2 Nr. 8 VSVgV dar, welcher für Beschaffungen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit gilt. Die Ausnahme des § 16 abs. Nr. 1 c 2. HS VOB/A greift dagegen in der Regel nicht, weil von einer Mischkalkulation nicht nur eine sondern mehrere Positionen betroffen sind (Seidenberg aaO, S. 50, Althaus / Heindl / Stolz / Heindl aaO).

Fazit: Die vom Bundesgerichtshof ausgearbeiteten Grundsätze gelten auch heute. Angebote, welche Mischkalkulationen enthalten, sind in der Regel auszuschließen; die Rechtsprechung und die Literatur befürworten allerdings einige Ausnahmen.

BGH, Beschluss vom 18.05.2004- X ZB 7/04