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Emojis als Willenserklärungen

Die Kommunikation zwischen Bauherren und Bau- sowie Handwerksbetrieben findet oft über WhatsApp und ähnliche Messengerdienste statt. Das wirft rechtliche Fragen auf. Z.B. ob Emojis („digitale Piktogramme“) geeignet sind, einen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck zu bringen und welche Bedeutung welchem Emoji im Einzelfall zukommen kann. Die Emoji-Deutung des Gerichts war entscheidend für das Bestehen / Nichtbestehen eines sechsstelligen Schadensersatzanspruchs (OLG München, Endurteil v. 11.11.2024 – 19 U 200/24 e). Zwar geht es in dem Fall um nicht baurechtliche Sachverhalte, die Entscheidungsgrundsätze sind jedoch für das Baurecht relevant.

1. Sachverhalt

Die Parteien haben einen Kaufvertrag über einen Sportwagen geschlossen und darin vereinbart, dass die Änderungen des Vertrags schriftlich zu erfolgen haben. Der Käufer hat angezahlt. Die Parteien haben dann über WhatsApp kommuniziert. Der Verkäufer schrieb, die Lieferung werde im ersten Halbjahr 2022 erfolgen. Der Käufer reagierte mit einem „Ups“ und einem nervösen Smiley. Auf die Frage des Käufers, ob es eine Auftragsbestätigung des Herstellers gebe, antwortete der Verkäufer mit einem Daumen-hoch-Emoji. Im Januar 2022 schrieb der Käufer, dass das erste Halbjahr angefangen habe, begleitet von einem lachenden Smiley. Zunächst erklärte der Verkäufer, die Lieferung werde in der Woche vom 09.05.2022 erfolgen. Später teilte der Verkäufer mit,  dass aufgrund technischer Probleme die angekündigte Auslieferung nicht erfolgen könne. Der Käufer setzte eine Frist bis 24.05.2022, nach Fristablauf trat er vom Vertrag zurück und verlangte die Rückzahlung der Anzahlung. Widerklagend verlangt der Verkäufer Schadensersatz in Höhe von 100.000 Euro, da er den Wagen anderweitig deutlich billiger verkaufen musste.

2. Entscheidung

Das OLG urteilte zugunsten des Käufers. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass sowohl die WhatsApp-Nachrichten als auch Anhänge (z.B. PDF-Dateien) und Fotos der im Kaufvertrag über einen Sportwagen vereinbarten Schriftform (§ 127 Abs. 2 S. 1 BGB) gerecht werden. Entscheidend sei, dass auch Textnachrichten die Voraussetzung der Dauerhaftigkeit und der Reproduzierbarkeit erfüllen. Dies sei hier gegeben, denn die Nachrichten werden auf dem lokalen Speicher des jeweiligen Empfänger- / Sendegeräts gespeichert, jedenfalls werde der Nachrichtenverlauf als Backup in der Cloud gesichert.  Zudem könne dem Empfänger die Nachricht nicht mehr entrissen werden (abgesehen von der Möglichkeit „Für alle löschen“, die indes nur kurzzeitig nach Versenden der Nachricht zur Verfügung steht). Eine Reproduzierbarkeit ist gegeben, aufgrund der Möglichkeit von Screenshots, Chat-Export und entsprechenden Ausdrucken, sowie durch digitales Weiterleiten der jeweiligen Nachricht.

Die zu einer Änderung des Vertrags erforderlichen Willenserklärungen können auch per Emoji abgegeben werden. Zu klären sei, wie ein verständiger Empfänger der Nachricht die Willenserklärung verstehen durfte, §§ 133, 157 BGB. Unter Rückgriff auf „Emojipedia“ wertete das Gericht das nervöse Emoji nicht als Zustimmung für die verlängerten Lieferzeit. Das zuletzt verwendete Emoji „grinsendes Gesicht mit lachenden Augen“ habe keine eindeutige Bedeutung, damit sei wohl Vorfreude oder Hoffnung zum Ausdruck gebracht worden, eine Willenserklärung sein insoweit nicht anzunehmen.

Mangels einer Zustimmung für die verlängerten Lieferzeit konnte der Käufer eine angemessene Frist setzen und wirksam zurücktreten. . Damit sei sein Anspruch auf Rückgewähr der Anzahlung begründet. Der Schadensersatzanspruch des Verkäufers liege hingegen nicht vor.

3. Auswirkungen für die Praxis

Festzuhalten ist, dass – vorbehaltlich einer Änderung der Rechtsprechung – die Verträge auch per WhatsApp und auch durch Verwendung von Emojis geschlossen und angepasst werden können.